Swico Jahresmedienkonferenz 2022

Schweizer Bevölkerung will vom Staat mehr Schutz im Cyberraum

Uhr
von Kevin Fischer und jor

Der Swico hat seine Jahresmedienkonferenz 2022 abgehalten. In einer Umfrage fand der Verband heraus, dass E-ID und E-Voting die geringsten Sorgen der Schweizer Bevölkerung sind. Dafür ist das Schutzbedürfnis im Digitalraum sehr hoch.

Judith Bellaiche, Geschäftsführerin von Swico. (Source: Screenshot)
Judith Bellaiche, Geschäftsführerin von Swico. (Source: Screenshot)

Setzt die Schweizer Bevölkerung im Digitalbereich dieselben Prioritäten wie der Staat? Diese Frage dominierte die Jahresmedienkonferenz 2022 des Swico. Der Wirtschaftsverband und das Meinungsforschungsunternehmen Sotomo präsentierten entsprechende Umfrageresultate, die zeigten: E-ID und E-Voting sind die geringsten Sorgen der Schweizer Bevölkerung.

An der Onlinebefragung nahmen vom 8. bis 18. November letzten Jahres 1254 Personen aus der Deutschschweiz teil. Als Gründe für die Umfrage nannte Swico-Geschäftsführerin Judith Bellaiche unter anderem das gescheiterte E-ID-Gesetz und Pannen seitens der Verwaltung im Zusammenhang mit der Pandemie.

Mit der Umfrage sollte ein breiterer und ganzheitlicher Blick von der Bevölkerung auf den Staat erfasst werden, ohne Fixierung auf E-Government und Zuständigkeitsfragen. Die Studie sollte schlicht die Frage beantworten: Was will und weiss die Schweizer Bevölkerung im Digitalbereich eigentlich?

Bedürfnis nach Schutz und Bildung am grössten

Michael Hermann, Geschäftsführer von Sotomo, präsentierte die Umfrageergebnisse. Losgelöst von den aktuellen E-Government-Diskussionen ändern sich laut Hermann die Ansprüche der Bevölkerung an den Staat. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Schweizerinnen und Schweizer einen aktiveren Staat wünschen und andere Prioritäten setzen, als es aktuelle Debatten vermuten lassen.

Michael Hermann, Geschäftsführer von Sotomo, präsentiert die Umfrageergebnisse. (Source: Screenshot)

Die wichtigsten Themen sind gemäss den Befragten die Cybersicherheit, gefolgt von digitaler Gewalt und Digitalisierung in der Bildung. Das Thema "Digitale Demokratie" findet sich erst gegen Ende der Prioritätenliste.

Diese Prioritäten haben die Befragten im Digitalbereich. (Source: Screenshot)

Bei der digitalen Bildung empfindet weniger als die Hälfte der Befragten, dass Schweizer Schülerinnen und Schüler gut auf Berufsbilder der Zukunft oder den Umgang mit digitalen Medien vorbereitet werden. Ausserdem bewerten nur 37 Prozent der Befragten die Qualität des Fernunterrichts als gut.

51 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass digitale Gewalt wie Cybermobbing oder Hassreden sehr verbreitet ist. Doch nur 16 Prozent gaben an, dass die Behörden solche Formen von Gewalt effektiv bekämpfen. Laut Hermann wissen 62 Prozent der Frauen und 49 Prozent der Männer nicht, wie sie sich schützen sollten, wenn sie zur Zielscheibe digitaler Gewalt werden.

So empfinden die Befragten die digitale Gewalt. (Source: Screenshot)

Kernerkenntnisse für Swico

Der Swico gewann aus der Umfrage drei Kernerkenntnisse, die Judith Bellaiche vorstellte. Die digitale Bildung sei in Verzug - und zwar bezüglich der Lerninhalte, der Kompetenzen des Lehrkörpers und bei der digitalen Bildungsvermittlung. Ausserdem sei digitale Gewalt sehr verbreitet und die Bekämpfung ungenügend. Die Bevölkerung fühle sich ausgeliefert. Schliesslich sei Cybersecurity von staatlicher und privater Infrastruktur ein wichtiges Thema. Die Abwehrmassnahmen werden als ungenügend wahrgenommen.

Dabei passiere bezüglich Cybersecurity viel auf Bundesebene, sagte Bellaiche. Dass die Wahrnehmung so anders sei, liege möglicherweise an der verdichteten Berichterstattung über Vorfälle in den letzten Monaten.

Trotzdem müsse man sich hinsichtlich aller Ergebnisse die Frage stellen, ob die Schutz- und Grundbedürfnisse im digitalen Raum nicht unterschätzt werden. Das sei ein starkes Signal an die Politik - auf allen Stufen. Viele Erwartungen der Befragten betreffen Bereiche der Kantone, die nun in der Verantwortung stehen. Ausserdem sollten der Dialog mit der Bevölkerung und die Kommunikation gestärkt werden. Als zentrales Element für künftige Verbesserungen sieht der Swico gemäss Bellaiche den Aufbau digitaler Kompetenzen in allen Bereichen.

Der Politradar 2022

Ivette Djonova, Legal & Public Affairs bei Swico, gab einen Ausblick darauf, welche politischen Themen die Schweizer ICT-Branche 2022 beschäftigen werden. Derzeit sehe sich die Digitalisierungsbranche in einem grossen Spannungsfeld wegen widersprüchlichen Anforderungen an sie. Auch sieht sich die Branche einer Regulierungsflut gegenüber. Diese entstehe durch die Regulierungen aus der Schweiz, aber auch aus der EU.

Ivette Djonova, Legal & Public Affairs bei Swico, präsentiert den Politradar. (Source: Screenshot)

In der EU würden derzeit verschiedene Themen diskutiert, zu denen sich die Schweizer Behörden noch nicht positionieren wollen. Das betreffe etwa den Digital Services Act (DSA), den Digital Markets Act, den AI Regulation Act und die Chat-Kontrolle. Alle diese Themen haben mit widersprüchlichen Anforderungen zu kämpfen. So soll etwa die Chat-Kontrolle erlauben, End-to-End-Verschlüsselungen für die Strafverfolgung zu knacken. Das steht aber zum Beispiel im Widerspruch zum Recht auf Privatsphäre.

In der Schweiz liegen die Schwerpunkte künftig auf dem Fachkräftemangel, dem neuen Datenschutzgesetz und der Kreislaufwirtschaft. Weiter werden E-ID und E-Voting wieder bedeutend sein. Der Swico werde ausserdem aufgrund der Umfrageergebnisse seine Ziele bezüglich der Bekämpfung von digitaler Gewalt anpassen. Die digitale Bildungskultur fördere der Verband bereits.

Ausblick: Swiss ICT Index und Swico House View #5

Abschliessend stellte Bellaiche den Swico ICT Index für das erste Quartal 2022 vor. Die Schweizer ICT-Branche erwartet, dass 2022 erfolgreich wird, wie aus den Ergebnissen hervorgeht. Mit 120,7 Punkten erreichte der Index den zweithöchsten Wert seit Beginn der Messung. Besonders die Consulting-Sparte erhofft sich viel und erreicht einen neuen Höchstwert. Die Software-Sparte legt ebenfalls zu und IT-Services sollen etwas verlieren nach einem starken Jahr. Das Schlusslicht bilden die Consumer-Electronics-Sparte sowie Imaging/Printing-Finishing.

Der Swico ICT Index fürs erste Quartal 2022. (Source: Screenshot)

Der fünfte Swico House View misst den Erfolg verschiedener Branchen anhand der Anzahl Projekte. Am meisten Projekte verzeichnet die Finanz- und Versicherungsbranche, gefolgt von der öffentlichen Verwaltung respektive der Erziehung und der ICT-Industrie.

Der fünfte Swico Houseview. (Source: Screenshot)

Webcode
DPF8_242876

Dossiers

» Mehr Dossiers

Aktuelle Ausgabe

Direkt in Ihren Briefkasten CHF 60.- » Magazin Abonnieren » Zum shop » Newsletter