Da geht noch mehr

So verantwortungsvoll handeln Schweizer Unternehmen im digitalen Raum

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von Tanja Mettauer und rja

Die Stiftung Ethos hat zum dritten Mal untersucht, wie verantwortungsvoll sich Schweizer Unternehmen im digitalen Raum verhalten. Während sie in puncto Cybersicherheit und Umweltbewusstsein stärker werden, hapert es beim transparenten Umgang mit künstlicher Intelligenz.

Unternehmen können sich im digitalen Raum nicht wie im Wilden Westen verhalten. (Source: Wirestock / Freepik.com)
Unternehmen können sich im digitalen Raum nicht wie im Wilden Westen verhalten. (Source: Wirestock / Freepik.com)

Manche Personen verhalten sich im Internet heutzutage so, als befänden sie sich im Wilden Westen - die Realität sieht anders aus. Wer etwa Personendaten digital verarbeitet, muss klar ausweisen, wie diese gesammelt, verarbeitet und gespeichert werden - und vor allem: warum. So hat das neue Datenschutzgesetz, das seit 1. September hierzulande in Kraft ist, viele Firmen vor grosse Herausforderungen gestellt. In welchem Ausmass Schweizer Unternehmen sich ihrer Verantwortung im digitalen Raum wirklich bewusst sind, hat die Stiftung Ethos 2023 zum dritten Mal untersucht.

In Zusammenarbeit mit Ethicsgrade hat Ethos 50 an der Schweizer Börse kotierte Firmen unter die Lupe genommen. Sie gingen etwa der Frage nach, wie verantwortungsvoll Firmen KI einsetzen oder mit welchen Mitteln sie gegen Datendiebstahl vorgehen, wie Ethos mitteilt.

Die sieben Grundsätze

Die Stiftung Ethos beurteilt Firmen anhand von sieben Grundsätzen: 

  • Digitale Governance: Einen Kodex für digitale Verantwortung einführen
  • Digitale Transparenz: Die Transparenz gegenüber den Anspruchsgruppen bezüglich der digitalen Praktiken und des digitalen Fussabdrucks sicherstellen 
  • Datenschutz: Die höchsten Standards bei der Datenverarbeitung und beim Datenschutz einhalten
  • Künstliche Intelligenz: Ethische Grundsätze für die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) einführen 
  • Sensible Aktivitäten: Sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit der Digitalisierung ausschliessen
  • Soziale Auswirkungen: Einen gerechten und verantwortungsvollen sozialen Übergang sicherstellen 
  • Ökologische Auswirkungen: Zur Verringerung des ökologischen Fussabdrucks der digitalen Technologie beitragen 

Schweizer Firmen machen Fortschritte 

Auch wenn es noch viel Luft nach oben gibt, Schweizer Unternehmen haben sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Von 100 möglichen Punkten erreichten die Firmen 2023 einen Durchschnittswert von 27,5 Punkten - 2022 betrug dieser Wert noch 22,8 Punkte und 2021 gar 10,5 Punkte. Dieses Jahr konnten insgesamt acht Unternehmen mehr als 50 Punkte für sich verbuchen, wie Ethos schreibt. 

Auf dem Podest thront Swisscom mit einem Score von 91,3 Punkten. Zurich Insurance folgt auf Platz zwei mit 77,8 Punkten, Georg Fischer belegt mit 76 Punkten den dritten Rang. 

Erfreulich sei ebenfalls, dass die Ergebnisse, die nur auf frei zugänglichen Informationen beruhten, angestiegen seien. 2022 lag der Durchschnitt bei 8,5 Punkten, dieses Jahr bei 15,6 Punkten. Swisscom erzielte in diesem Bereich ebenfalls die höchste Punktzahl (40). 

Fortschritte bei Cybersecurity und Umweltbewusstsein

Im Bereich Cybersecurity habe sich bei Schweizer Unternehmen einiges getan. 39 von 50 Unternehmen hätten nicht nur eine Cyberstrategie entwickelt, sondern auch über diese informiert. Verglichen mit 2021 ist das eine Zunahme von 25 Firmen. 

Ausserdem ergreifen mindestens 40 Unternehmen Massnahmen, um die Umeltauswirkungen ihrer Technologien zu reduzieren. Zum Vergleich: 2021 waren dies gerade mal acht. Im Bericht besonders hervorgehoben werden Georg Fischer und Baloise, die beide nicht nur einen Index zur digitalen Verantwortung verabschiedet, sondern diesen auch publiziert hätten. 

Von "besorgniserregend" bis "beunruhigend"

Das neue Datenschutzgesetz gilt ebenso für KI-Tools. Unternehmen müssen kennzeichnen, welche Daten durch KI bearbeitet wurden. Als "besorgniserregend" bezeichnet Ethos den Umstand, dass nur acht Unternehmen - immerhin fünf mehr als 2021 - angaben, dass sie ethische Grundsätze für den Einsatz von KI eingeführt hätten oder beabsichtigten, dies zu tun. Ebenfalls acht Unternehmen teilten mit, dass sie Arbeitsgruppen gebildet hätten, die sich mit ethischen Fragen zur KI beschäftigten. 

Die Lage hinsichtlich "Transparenz" beurteilt Ethos als "am beunruhigendsten". Während einige Unternehmen das Ausmass der Herausforderungen und die Vorteile einer gewissen Transparenz erkannt hätten, hinkten fast die Hälfte der befragten Unternehmen hinterher. Und diese Kluft werde grösser. 

Schweizer Unternehmen verhielten sich insgesamt sehr zurückhaltend, wenn es darum gehe, öffentlich über Datenschutz oder künstliche Intelligenz zu sprechen. So kritisiert denn auch Vincent Kaufmann, Direktor der Ethos Stiftung, dass die drei grössten in der Schweiz kotierten Unternehmen Nestlé, Novartis und Roche nicht an der Umfrage teilnahmen. 

Methodik

Ethos und Ethicsgrade luden im Juni 2023 50 Unternehmen im SMI Expanded zur Teilnahme ein. Die Unternehmen erhielten einen Fragebogen mit 98 Fragen, den sie innert drei Monaten ausfüllen konnten. Allerdings gingen nur Antworten von 16 Unternehmen bei Ethos ein. 

Ethicsgrade füllte denselben Fragenkatalog basierend auf öffentlich zugänglichen Informationen aus, die dann mit den Antworten der Unternehmen verglichen wurden, wie es heisst. Die Gesamtpunktzahl ergebe sich aus der Summe der Anzahl Punkte aus dem beantworteten Fragenkatalog und den öffentlich verfügbaren Informationen. Unternehmen, die auf eine Teilnahme verzichteten, seien anhand der öffentlich zugänglichen Informationen bewertet worden. 

Anlässlich des neuen Datenschutzgesetzes und der steigenden Nutzung von KI-Tools, habe Ethos 2023 den Fragenkatalog aktualisiert. Die vollständige Studie gibt es hier als PDF.

 

Eine andere Studie, durchgeführt im Auftrag von Cisco, ergab unlängst, dass nur 7 Prozent der Unternehmen in der Schweiz umfassend auf die Nutzung von KI vorbereitet sind. Damit hinkt die Schweiz im Vergleich zum Durchschnitt der befragten Unternehmen hinterher, wie Sie hier lesen können.

 

 

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