"AFIS2026"

Update: Fedpol will bis zu einer Million Gesichtsbilder abgleichen können

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von René Jaun und tme, cka

Das Fedpol will sein System zum Abgleich von Finger- und Handflächenabdrücken um ein Gesichtserkennungsmodul ergänzen. Damit soll es bis zu einer Million Gesichtsbilder abgleichen können. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind dünn.

(Source: db_oblikovanje / pixabay.com)
(Source: db_oblikovanje / pixabay.com)

Update vom 6.9.2023: Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) treibt seine Pläne für ein neues Automatisiertes Fingerabdruck-Identifikationssystem (AFIS) mit integriertem Gesichtserkennungsmodul voran. Auf der Simap-Plattform gibt die Behörde den Start eines Request for Information (RFI) bekannt, wie "Inside-IT" berichtet. Darin betont das Fedpol, die Ausschreibung diene ausschliesslich der Informationsgewinnung und Gleichstellung der Unternehmen und es sei nicht an konkreten Offerten interessiert.

Die Datenbank des Fedpol enthält rund 1 Million Gesichtsbilder, wie es unter Berufung auf die Ausschreibungsunterlagen heisst. Mit dem zu beschaffenden System will das Bundesamt diese Bilder automatisiert abgleichen können. Anders als in der ursprünglichen Medienmitteilung nutzt das Fedpol in den Unterlagen den Begriff "Face Recognition".

Originalmeldung vom 9.5.2023:

Fedpol gerät wegen geplanter Gesichtserkennungssoftware in die Kritik

Eine geplante Beschaffung des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) sorgt für Kritik. Die Behörde will nämlich ihr Automatisiertes Fingerabdruck-Identifikationssystem (AFIS) erneuern. Dieses kann aktuell Finger- und Handflächenabdrücke abgleichen. Mit der neuen Version, die den Namen "AFIS2026" trägt, soll ein "Modul für den Gesichtsbildabgleich" hinzukommen, wie das Fedpol mitteilt. Der Bundesrat habe die dafür benötigten Gelder bewilligt.

Wie beim Fingerabdruckabgleich können die Strafverfolger mit dem aktualisierten System "ein Bild einer verdächtigen Person mit im AFIS gespeicherten erkennungsdienstlichen Bildern" abgleichen. Die Datenbank umfasst eine Million Gesichtsbilder von 400'000 Verdächtigen, wie "Watson" berichtet. Dabei handle es sich um bis zu 30 Jahre lang gespeicherte Fotos verdächtiger Personen, die in einem Strafverfahren erkennungsdienstlich erfasst wurden sowie um zwei Jahre lang gespeicherte Aufnahmen aller registrierter Asylsuchender.

Gesichtserkennungstechnologie – entgegen anders lautender Behauptung

"Es handelt sich dabei nicht um ein System zur Gesichtserkennung, denn diese ist in der Schweiz gesetzlich verboten", schreibt das Fedpol in der Zusammenfassung seiner Mitteilung – und liegt damit gleich doppelt falsch. Denn auch bei einem Gesichtsabgleich wird Gesichtserkennungstechnologie eingesetzt – oder wie Watson es ausdrückt: "Es ist schlicht falsch, zu behaupten, es handle sich dabei nicht um Gesichtserkennung. Richtig ist: Ein Gesichtsabgleich ist eine Anwendungsform davon." Immerhin stellt die Bundesbehörde in der ausführlichen Mitteilung die Sachlage etwas genauer dar und schreibt: "Andere Quellen wie Fotos von Ausweisen oder aus den sozialen Netzwerken dürfen für den Abgleich nicht verwendet werden. Auch wird das Gesichtsbild von gesuchten Personen nicht automatisch und in Echtzeit mit Überwachungskameras abgeglichen. Es erfolgt also keine Überwachung mittels Gesichtserkennung."

Gesetzliche Grundlage ist dünn

Auch die Aussage, solche Technologie sei "in der Schweiz verboten", ist nicht korrekt, wie das Fedpol im Watson-Artikel sogar einräumt. Aktuell gibt es mit einer Verordnung aus dem Jahr 2013 eine – wenn auch sehr dünne – gesetzliche Grundlage für das Vorhaben.

Diese Rechtsgrundlagen seien jedoch zu allgemein gehaltenkommentiert die auf Gesichtserkennung spezialisierte Strafrechtsprofessorin Monika Simmler von der Universität St. Gallen. Die geplanten Gesichtsabgleiche stellen ihr zufolge einen schweren Grundrechtseingriff dar, weil besonders schützenswerte Personendaten bearbeitet werden. "Dafür genügt eine Pauschalermächtigung auf Verordnungsstufe nicht", lässt sie sich im Artikel zitieren. Sie fordert eine Regelung auf Gesetzesstufe und die damit einhergehende politische Debatte. Immerhin lobt sie an der Bundes-Kommunikation: "Aus rechtlicher Sicht ist es erfreulich, dass der Bundesrat klar festhält, dass alle anderen Arten der Nutzung von Gesichtserkennungstechnologie durch den Staat keine gesetzliche Grundlage haben, also unrechtmässig sind." Dies nehme den Kantonspolizeien, die heute mit der Technologie arbeiteten, den Wind aus den Segeln.

Wie umstritten Gesichtserkennungstechnologie ist, bekamen Anfang 2023 auch die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zu spüren. Der Konzern plante nämlich, Kameras mit Gesichtserfassung in ausgewählten Bahnhöfen zu installieren. Nach lauter Kritik entschied sich das Unternehmen dafür, die Pläne zu überdenken. Die entsprechende Ausschreibung wurde offline genommen. Die ausführliche Story lesen sie hier.

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