Soll aber offene Fragen klären

Update: Nachrichtendienst darf virtuelle Agenten einsetzen

Uhr
von Yannick Chavanne und René Jaun und Übersetzung: rja, tme

Seit ein paar Jahren setzt der Nachrichtendienst des Bundes so genannte virtuelle Agenten ein, um etwa Daten in sozialen Netzwerken zu sammeln. Dies ist rechtens, wie die unabhängige Aufsichtsbehörde attestiert. Dennoch soll sich der NDB um Klärung noch offener Punkte bemühen. Die virtuellen Agenten sollen mit falschen Identitäten etwa in sozialen Netzwerken Daten sammeln.

(Source: freestocks / Unsplash)
(Source: freestocks / Unsplash)

Update vom 28.03.2025: Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) darf virtuelle Agentinnen und Agenten zur Informationsbeschaffung einsetzen. Zu diesem Schluss kommt die unabhängige Aufsichtsbehörde über den Nachrichtendienst (AB-ND), die eine Zusammenfassung ihrer entsprechenden Untersuchung veröffentlichte. Darin stellt die Aufsichtsbehörde fest, dass der NDB über eine rechtliche Grundlage für den Einsatz virtueller Agenten verfüge.

Konkret verweist sie dabei auf die Artikel 17 (Legendierungen) und 18 (Tarnidentitäten) des Nachrichtendienstgesetzes. Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass der NDB bis zur Prüfung virtuelle Agenten für unrechtmässige Informationsbeschaffungen eingesetzt habe, schreibt die Aufsichtsstelle und lobt weiter: Seit den Vorfällen der unrechtmässigen Informationsbeschaffung durch den Bereich Cyber in 2021, sei der NDB sensibilisiert und bemüht, die gleichen Fehler nicht noch einmal zu begehen.

Kritik äussert die Aufsichtsbehörde dagegen einerseits rückblickend. Beim Vorhaben, des Aufbaus einer Sektion für virtuelle Agenten, sei der NDB "ineffizient und nicht zweckmässig" vorgegangen. Die Zuständigkeiten hätten mehrfach gewechselt; und mit jeder Übergabe seien "ähnliche Grundsatzfragen immer wieder von Beginn an diskutiert" worden.

Doch auch zum Prüfzeitpunkt sah die Aufsichtsbehörde Handlungsbedarf. Noch seien nämlich Fragen offen zu Regeln und Richtlinien für die Einsätze virtueller Agenten. Solange grundlegende Punkte im Dienst nicht geklärt und als konkrete Einzelfall-Fragen an den Rechtsdienst NDB herangetragen werden, kann juristisches Fachwissen für operative Beschaffungsmassnahmen im virtuellen Raum nicht zielführend aufgebaut werden, wie es im Bericht heisst. Man habe dem NDB empfohlen, sein Fachwissen in diesem in Zukunft immer relevanter werdenden Beschaffungsbereich zu stärken.

Dass die Aufsichtsbehörde dem NDB nun grundsätzlich grünes Licht gibt für die virtuellen Agenten, stösst bei der Digitalen Gesellschaft auf Kritik. Gegenüber "SRF" sagt Vorstandsmitglied Viktor Györffy, die bestehende Gesetzesgrundlage reiche eben nicht und man könne nicht einfach in die virtuelle Welt übertragen, was für die reale Welt gelte. "Im virtuellen Raum ist die Täuschung einfacher, weil man kein echtes Gegenüber hat. Zudem gibt es mehr Möglichkeiten, wie etwa das künstliche Nachahmen von Stimmen anderer Personen."

 

Originalmeldung vom 02.05.2023:

Schweizer Nachrichtendienst schickt Cyberagenten in soziale Netzwerke

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) rüstet im Cyberraum auf. Bis Ende Jahr will die Behörde virtuelle Agentinnen und Agenten einführen. Dies bestätigt der Nachrichtendienst gegenüber "SRF".

"Angesichts der Notwendigkeit, seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und nicht nur von denen seiner Partner abhängig zu sein, ist der NDB derzeit dabei, ein Projekt zum Einsatz virtueller Agenten umzusetzen", schreibt der Nachrichtendienst in der Stellungnahme. Man habe in der Vergangenheit bereits mehrfach von Ergebnissen profitiert, die Partnerdienste im Ausland mit virtuellen Agentinnen und Agenten gewonnen hätten.

Virtuelle Agentinnen und Agenten werden mit Tarnidentitäten in soziale Netzwerke geschickt, um Daten für den Schweizer Nachrichtendienst zu sammeln. Wie viele solcher Cyberagenten NDB beschäftigen will und welche Kompetenzen sie haben, teilte die Behörde SRF nicht mit. Eine Gesetzesänderung sei für den Einsatz virtueller Agenten nicht erforderlich, erklärt der NDB.

Die Leiterin der unabhängigen Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten, Prisca Fischer, erklärt, man möchte das Projekt eng begleiten und plane, bei seiner Einführung gegen Ende des Jahres eine Prüfung vorzunehmen.

 

Entgegen seinen Befugnissen hat der Nachrichtendienst des Bundes fünf Jahre lang nicht bewilligte Abhöraktionen durchgeführt. Eine unabhängige Untersuchung bescheinigte Ende 2022, dass der NDB nicht schuldhaft gegen das Gesetz verstossen habe. Mehr dazu lesen Sie hier.

Wenn Sie mehr zu Cybercrime und Cybersecurity lesen möchten, melden Sie sich hier für den Newsletter von Swisscybersecurity.net an. Auf dem Portal gibt es täglich News über aktuelle Bedrohungen und neue Abwehrstrategien.

Webcode
9aZ4fb4b

Dossiers

» Mehr Dossiers

Aktuelle Ausgabe

Direkt in Ihren Briefkasten CHF 60.- » Magazin Abonnieren » Zum shop » Newsletter