Eset-Konferenz in Bratislava

KI spielt in der Cyberwelt sowohl den Guten als auch den Bösen in die Hände

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von Lia Perbo und jor

Der slowakische IT-Security-Anbieter Eset hat zur Cybersecurity-Konferenz in Bratislava geladen. Partner und Experten sowie Expertinnen tauschten sich über die aktuelle Bedrohungslandschaft, Herausforderungen für Unternehmen und die allgegenwärtige künstliche Intelligenz aus.

Der Konzertsaal Bratislavas diente als Kulisse für den Event. (Source: Netzmedien)
Der Konzertsaal Bratislavas diente als Kulisse für den Event. (Source: Netzmedien)

Künstliche Intelligenz infiltriert zunehmend sämtliche Lebensbereiche, die geopolitische Lage ist instabil, Inflation und Klimakrise setzen Unternehmen finanziell unter Druck - ein idealer Nährboden für Cyberkriminalität. Angriffe nehmen denn auch rasant zu: In der Schweiz gingen 2023 doppelt so viele Meldungen zu Cybervorfällen wie im Vorjahreszeitraum ein. Das World Economic Forum listet im jüngsten Global Threats Report Cyberkriminalität unter den Top-Risiken für die kommenden Jahre. 

Um über diese Themen zu diskutieren, lud der slowakische Cybersecurity-Anbieter Eset seine Partner und die interessierte Öffentlichkeit Mitte Mai zu einer mehrtägigen Konferenz in die Heimatstadt Bratislava. Im aufwendig dekorierten Konzertsaal der slowakischen Philharmonie lauschten rund 300 Gäste den Einschätzungen von Eset-Mitarbeitenden und externen Experten und Expertinnen. Diese sprachen über den Zusammenhang von Cybersicherheit und Geopolitik sowie darüber, worauf Unternehmen in Bezug auf Cybersecurity achten sollten und was die allgegenwärtige künstliche Intelligenz für Chancen in der Cyberabwehr bietet. 

Blick auf die Altstadt Bratislavas mit dem bekannten UFO im Vordergund und strahlend blauem Himmel im Hintergrund

Der Anlass fand in Esets Heimatstadt Bratislava statt. (Source: Netzmedien)

Politische Motive als treibende Kraft hinter Cyberangriffen

Einen Überblick über die aktuelle Bedrohungslage geben Andy Garth, Director of Government Affairs und Robert Lipovský, Principal Malware Researcher. Sie sind sich einig, dass Cyberaktivitäten entlang der globalen geopolitischen Konfliktlinien laufen. Die Grossmächte der Welt befänden sich in einem Wettstreit um Einfluss, Wohlstand und Macht. In einer zunehmend digital vernetzten und von Instabilität geprägten Welt bilden Cyberangriffe laut Garth für Staaten ein äusserst praktisches Instrument. 

Nahaufnahme von Andy Garth an einem Rednerpult mit Mikrofon

Andy Garth, Director of Government Affairs, Eset. (Source: Netzmedien)

Doch auch der private Sektor spielt eine Rolle bei sogenannten Advanced Persistent Threats (APT): Insbesondere China instrumentalisiere regelmässig Unternehmen für Spionagezwecke. Lipovský nennt beispielhaft die Firma I-Soon, die im Auftrag des chinesischen Staats weltweit Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen aushorcht. "Das chinesische APT-Ökosystem ist hochgradig kommerzialisiert", erklärt der Eset-Forscher. 

Nahaufnahme von Robert Lipovsky beim Präsentieren

Robert Lipovský, Principal Malware Researcher, Eset. (Source: Netzmedien)

Gefahren für Unternehmen - Chancen für Cybersecurity-Anbieter

Unternehmen sind auch abseits von staatspolitischen Machtkämpfen im Visier von Cyberkriminellen. Eine der grössten Gefahren ist gemäss Tyler Welt von Intel Ransomware. Diese Art von Malware nistet sich auf Rechnern ein und fordert das Opfer zu einer Lösegeldzahlung auf. Zwar sind laut einem eben veröffentlichten Eset-Whitepaper die meisten Cybervorfälle (55 Prozent) auf fahrlässiges Verhalten von Mitarbeitenden zurückzuführen und lediglich 19 Prozent aller gemeldeten Fälle bösartige Ransomware-Angriffe, doch die Folgen für Unternehmen sind in beiden Fällen dramatisch. Eset prognostiziert, dass die weltweiten Kosten für Cyberangriffe bis 2028 auf 13,82 Billionen US-Dollar ansteigen werden - ein Zuwachs von 67 Prozent. Unternehmen täten gut daran, sich gegen Cybervorfälle zu versichern. 

Tyler Welt auf der Bühne am Präsentieren

Tyler Welt, Global Lead for Security Partner Enabling, Client Computing Group, Intel. (Source: Netzmedien)

Künstliche Intelligenz befeuert die Cyberkriminalität zusätzlich: Mit KI lassen sich etwa sogenannte Deepfake-Attacken erschreckend einfach bewerkstelligen. Alastair Edwards, Chefanalyst beim Marktforscher Canalys, weist in seiner Präsentation auf das Beispiel von WPP-CEO Mark Read hin, der unlängst Opfer eines Deepfake-Scams wurde. Betrüger hatten sich mit einem gefälschten Whatsapp-Konto, einem Stimmenklon und Youtube-Filmmaterial für ein virtuelles Treffen als Read ausgegeben. Auch in der Schweiz laufen CEOs Gefahr, in Deepfake-Maschen verwickelt zu werden, wie Sie hier nachlesen können. Diese Art von Betrug werde rasant zunehmen, warnt Edwards. "Wir stehen erst am Tag Null dieser Entwicklung - die Geschwindigkeit der Technologie ist beängstigend."

Ganzkörperaufnahme von Alastair Edwards auf der Bühne am PRäsentieren

Alastair Edwards, Chief Analyst, Canalys. (Source: Netzmedien)

Large-Language-Modelle (LLMs) unterstützen Cybergauner auch beim Verfassen von wirkungsvollen Phishing-Mails. Diese nutzen allerdings nicht wie die meisten Menschen ChatGPT oder Bard, sondern deren infames Äquivalent "WormGPT". Es wurde speziell für bösartige Aktivitäten entwickelt und kennt keine moralischen Grenzen

Für Edwards ist klar: "Cyberbedrohungen sind unter den grössten Herausforderungen für die globale Wirtschaft und die Gesellschaft." Es gebe aber auch gute Neuigkeiten, insbesondere für die Cybersecurity-Branche. Canalys erwartet für 2024 ein Wachstum des Cyber-Markts um 10 Prozent. Insbesondere der Channel sei von grosser Bedeutung für das Geschäft: Über 90 Prozent der Cybersecurity-Ausgaben gingen durch indirekte Partner. Zwar kauften Kunden vermehrt Cybersicherheits-Produkte direkt bei Anbietern, doch Partner blieben optimistisch: 68 Prozent der befragten Partner in der EMEA-Region erwarteten im kommenden Jahr wachsende Umsätze. "Partner sind entscheidend für den Erfolg der Branche", hält Edwards fest. Es sei aber zentral, im Bereich Cybersecurity zusammenzuarbeiten und Channelpartner nicht nur als Händler, sondern auch als strategische Partner zu sehen. Denn Cybersecurity werde immer komplexer und der Trend zur Plattformisierung setze kleinere Unternehmen unter Druck. 

Wie Eset KI für die Cyberabwehr nutzt

Künstliche Intelligenz spielt nicht nur den Bösewichten in die Hände, auch die Cybersecurity-Industrie profitiert davon. Gerade wenn man es wie in der Cybersicherheit mit riesigen Datenmengen zu tun hat, kann KI als leistungsstarkes Werkzeug dienen, wie Eset-CEO Richard Marko betont. Eset selbst setzt künstliche Intelligenz ein, um seine 65 Terabyte an Daten zu analysieren. Besonders die Analyse der Auswirkungen, die Dokumentation der Vorfälle und die Berichterstattung sind für Analysten repetitiv und zeitaufwendig. Für solche Bereiche erweiterte Eset Anfang Mai sein Portfolio um den "AI Advisor". Mitarbeitende können diesen etwa heranziehen, um Vorfälle zusammenzufassen, oder um die Bedrohungen zu beschreiben, denen eine spezifische Umgebung ausgesetzt sein kann. 

Richard Marko auf der Bühne am Präsentieren

Richard Marko, CEO, Eset. (Source: Netzmedien)

Bösartige Software wie Ransomware stellt Cybersecurity-Anbieter vor wachsende Herausforderungen: Nicht nur entwickeln sich die Codes konstant weiter - sie können sich auch selbst neu schreiben, sobald sie in einem System eingenistet sind. Eset hat deshalb in Zusammenarbeit mit Intel ein Produkt entwickelt, das mithilfe von künstlicher Intelligenz Cyberbedrohungen bereits auf Hardware-Ebene entdecken soll. Die Intel Threat Detection Technology (TDT) steht Kundschaft mit einem Intel-Prozessor zur Verfügung und gewährt gemäss Tyler Welt konstanten, langfristigen Schutz - auch ohne regelmässige Updates. 

 

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